“Mental Load” – ein Begriff, der die unsichtbare, oft unterschätzte Last des Alltags beschreibt, die wir in uns tragen. Doch welche Auswirkungen hat diese Belastung auf unseren Körper? Und wie können wir durch Achtsamkeit ein Gleichgewicht zwischen Körper und Geist schaffen? Bettina Kappe, Psychologin und Expertin für mentale Gesundheit, gibt in unserem Interview Einblicke in die Mechanismen von Stress und mentale Last. Auch erklärt sie, warum Achtsamkeit ein Schlüssel zur Prävention ist, und zeigt auf, wie Arbeitgeber dazu beitragen können, die mentale und körperliche Gesundheit ihrer Mitarbeiter zu fördern.
Mental Load und seine Auswirkungen auf Körper und Geist
Redaktion: Frau Kappe, was versteht man genau unter “Mental Load” und welche körperlichen Folgen kann er haben?
Bettina Kappe: Mental Load bezeichnet die psychische Belastung durch das ständige Organisieren und Abarbeiten von Alltagsaufgaben. Besonders betroffen sind Frauen, da sie häufig mehr soziale Aufgaben übernehmen. Das führt dazu, dass wir uns selbst unter Druck setzen und unsere eigenen Bedürfnisse ignorieren. Rollenerwartungen und sozialer Druck verstärken das zusätzlich. Körperlich zeigen sich die Folgen durch Stresssymptome wie falsche Atmung, Verspannungen, erhöhten Blutdruck und hormonelle Veränderungen.
Redaktion: Woran merken wir, dass Stress unseren Körper belastet?
Bettina Kappe: Ein typisches Zeichen ist, dass Menschen auf Pausen verzichten und alles gleichzeitig erledigen wollen. Multitasking erhöht den Stress zusätzlich. Dauerstress führt dann zu Problemen wie Kopfschmerzen, Verspannungen, Bewegungsmangel oder sogar Burnout.
Redaktion: Sind wir im Winter anfälliger für Mental Load?
Bettina Kappe: Ja, definitiv. Im Sommer bewegen sich die Menschen mehr, sind draußen und kommen durch das Licht und soziale Kontakte in eine bessere Stimmung. Im Winter hingegen machen Dunkelheit und Kälte vielen zu schaffen. Die Energie, sich zu bewegen oder andere zu treffen, fehlt oft. Das verstärkt die Belastung. Achtsamkeitsübungen können Abhilfe schaffen.
Achtsamkeit als Schlüssel zur Stressbewältigung und Prävention
Redaktion: Wie kann Achtsamkeit helfen, mentale Belastung zu reduzieren?
Bettina Kappe: Achtsamkeit bedeutet, sich auf den Moment zu konzentrieren. Studien zeigen, dass wir fast die Hälfte unserer Wachzeit in Gedanken an Vergangenheit oder Zukunft verbringen. Dadurch setzen wir uns oft unnötigem Stress aus. Der Fokus auf den Augenblick – sei es beim Duschen, Essen oder Zähneputzen – kann unser Gehirn entlasten. Regelmäßige Achtsamkeitsübungen wie Meditation oder der Body-Scan fördern zudem unsere Gesundheit, indem sie Stress reduzieren und Verspannungen lösen.
Redaktion: Welche Rolle spielt Achtsamkeit bei der Prävention von Krankheiten?
Bettina Kappe: Zahlreiche Studien belegen, dass Menschen, die Achtsamkeit praktizieren seltener krank sind. Das betrifft sowohl Infektionen als auch Erkrankungen des Bewegungsapparates und psychische Beschwerden. Meditation kann sogar Veränderungen in Hirnregionen bewirken, die für positive Wahrnehmung zuständig sind.
Achtsamkeit ist also ein wichtiger Faktor für unsere Gesundheit.
Bettina Kappe
Psychologin und Expertin für Achtsamkeit
Das Zusammenspiel von Körper und Geist
Redaktion: Wie kann Achtsamkeit helfen, den eigenen Körper besser wahrzunehmen?
Bettina Kappe: Wie gesagt, Achtsamkeit bedeutet den Augenblick wahrzunehmen und Dinge konzentriert zu tun. Wenn wir z.B. ruhig sitzen und uns auf unseren Atem konzentrieren, genau registrieren, wie wir einatmen, der Atem fließt und wie wir tief ausatmen, dann hilft es uns den Körper wahrzunehmen. Zudem können Übungen wie der Body Scan, autogenes Training und progressive Muskelentspannung helfen, sich achtsam auf den Körper zu fokussieren. So lässt sich zur Ruhe zu kommen und wir nehmen wahr, dass es Verspannungen o.ä. gibt.
Redaktion: Wie können wir Achtsamkeit trotz Zeitmangel in den Alltag integrieren?
Bettina Kappe: Es reichen schon kleine Momente, wie bewusstes Atmen oder die „Drei-Gute-Dinge-Übung“ vor dem Schlafengehen. Dabei erinnert man sich an drei Erlebnisse des Tages, die Freude gemacht haben. Auch kurze Meditationen von zehn Minuten oder Apps wie Headspace können helfen.
Redaktion: Was können Arbeitgeber tun, um die mentale Gesundheit ihrer Mitarbeiter zu fördern?
Bettina Kappe: Arbeitgeber sollten Achtsamkeit und Bewegung aktiv fördern. Dazu gehören Pausen, bewegte Pausen nach dem Essen, meetingfreie Nachmittage und Fokustage. Führungskräfte sollten mit gutem Beispiel vorangehen und Mitarbeitende sensibilisieren.
Unterstützung für den Körper
Redaktion: Wie hängen mentale Gesundheit und orthopädische Hilfsmittel zusammen?
Bettina Kappe: Es gibt eine starke Verbindung zwischen Körper und Geist. Menschen, die ihre orthopädischen Hilfsmittel bewusst nutzen und darauf vertrauen, dass sie ihnen helfen, sind mental ausgeglichener. Dieses Vertrauen stärkt den Heilungsprozess und das allgemeine Wohlbefinden.
Redaktion: Können Bandagen auch das mentale Wohlbefinden fördern?
Bettina Kappe: Absolut. Sie vermitteln ein Gefühl von Sicherheit, was den Stress mindert. Diese Rückmeldung, dass man sich sicher bewegen kann, beruhigt den Kopf. Das Zusammenspiel von Körper und Geist ist entscheidend für ein gutes Leben.
Redaktion: Vielen Dank für das Gespräch!
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